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Gemeinsame Stellungnahme zur forensisch-toxikologischen Haaranalytik der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin (DGVM) und der Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie (GTFCh)

Aufgrund eines wissenschaftlichen Artikels (Moosmann, Roth, Auwärter (2015) Finding cannabinoids in hair does not prove cannabis consumption. Scientific Reports 5: 14906) kommt es vermehrt zu Nachfragen bezüglich der Bewertung forensisch-toxikologischer Befunde, die bei Analysen von Haarproben erhalten werden.

Die Analyse von Haaren auf Drogen hat sich für zahlreiche Fragestellungen bewährt (z.B. retrospektive Klärung von Konsummustern, Nachweis einer Substanzbeibringung, Überprüfung von Einlassungen zum Konsumverhalten auf Plausibilität). Der Nachweis von Drogen in einer Haarprobe belegt sicher eine Exposition des Probanden, in der Regel durch aktiven Konsum. Unter besonderen Umständen kann eine passive Antragung von Drogen z.B. aus Stäuben oder Aerosolen zu positiven Befunden in Haaren führen. Hierdurch ist eine Einlagerung der Wirksubstanzen in das Haar möglich  Zur Abgrenzung eines aktiven Konsums wird versucht, Stoffwechselprodukte als Marker für eine Körperpassage nachzuweisen. Letztlich muss aber auch eine Einlagerung z.B. in Situationen, bei denen es zu einem engen Kontakt der Haare mit dem Schweiß oder Talg von Konsumenten kommt, als mögliche Quelle positiver Befunde in Erwägung gezogen werden. Der o.g. Artikel wies THC-COOH in Hautausscheidungsprodukten nach und gibt Anlass, auch für Metaboliten die Möglichkeit einer Exposition über Schweiß oder Talg in Betracht zu ziehen. Bei Haaranalysen im Zusammenhang mit Sorgerechtsfragen ist dies von großer Bedeutung. Die Analysenergebnisse müssen hier immer als ein Informationsbaustein im Gesamtkontext des Einzelfalles gesehen werden. 

Bei dem weit verbreiteten Einsatz der Haaranalytik im Kontext der Fahreignungsdiagnostik wird in Aufklärungsgesprächen im Vorfeld der Analyse auf die Möglichkeit positiver Befunde durch eine Antragung von außen hingewiesen. Der Einsatz von Haaranalysen ist in diesem Bereich auch nach den o.g. Ergebnissen nicht in Frage zu stellen. Vielmehr ist die Aussagekraft bezüglich des Nachweises eines Konsums bzw. Umgangs mit Drogen oder Medikamenten nach wie vor bedeutsam, zumal das Nachweisfenster gegenüber Blut/Serum oder Urin i.d.R. deutlich länger ist. Haarentnahmen werden im Vergleich zu Urinabgaben unter Sichtkontrolle von vielen Probanden als weniger belastend empfunden und sind insgesamt mit einem geringeren Zeitaufwand verbunden. Bei positiven Haarbefunden ist ein Konsum naheliegend und die Abstinenz nicht zu belegen, insbesondere nicht bei dem Nachweis von Metaboliten. Wichtig ist, wie bei anderen forensisch-toxikologischen Fragestellungen, dass nicht nur die Analytik, sondern auch die Interpretation durch in der speziellen Problematik erfahrene Sachverständige erfolgt. 


Prof. Dr. Frank Mußhoff
(Vizepräsident der DGVM)

Prof. Dr. Stefan Tönnes
(Präsident der GTFCh)