Weiterbildungsordnung "Forensische/r Chemiker/in GTFCh"
1. Präambel
Die forensische Chemie im Sinne dieser Weiterbildungsordnung befasst sich mit der Durchführung, Qualitätssicherung, Beurteilung, Interpretation und Begutachtung von qualitativen und quantitativen Untersuchungen organischer und anorganischer Stoffe im Zusammenhang mit Rechtsfragen. Solche wissenschaftlichen Expertisen können eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit juristischen und/oder medizinischen Fragestellungen spielen. Daher bietet die Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie (GTFCh) eine entsprechende Weiterbildung an.
Der Schwerpunkt der Weiterbildung liegt auf der praktischen Tätigkeit am Arbeitsplatz / an der Weiterbildungsstätte. Die Weiterbildungszeit dient dazu, vertiefende berufliche Erfahrungen in strukturierter Form zu erlangen, insbesondere Vermittlung, Erwerb und Nachweis eingehender Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in forensischer Chemie einschließlich Erstattung von schriftlichen und mündlichen Gutachten. Details sind im Weiterbildungskatalog (Anlage 1) verzeichnet.
Weiterbildungsstätten sind forensisch-chemische Laboratorien an kriminaltechnischen Instituten. Können in der Weiterbildungsstätte bestimmte praktische Weiterbildungsinhalte nicht vermittelt werden, sind diese vorzugsweise durch Hospitationen in anderen Weiterbildungsstätten zu erwerben.
Es wird den Bewerbern empfohlen, sich vor Beginn der Weiterbildung vom für die Weiterbildung zuständigen Vizepräsidenten der GTFCh oder vom Vorsitzenden der Anerkennungskommission beraten zu lassen.
2. Voraussetzungen zur Erlangung des Fachtitels
Die Anerkennung als „Forensischer Chemiker GTFCh“ wird von der GTFCh auf Antrag verliehen, sofern die nachfolgend aufgeführten Bedingungen erfüllt sind:
2.1. Mitgliedschaft in der GTFCh
2.2. Nachweis eines abgeschlossenen Hochschulstudiums in einem naturwissenschaftlichen Fach sowie entsprechender Promotion.
2.3. Nachweis einer mindestens fünfjährigen praktischen Tätigkeit nach Abschluss der Promotion in einer Weiterbildungsstätte durch eine Bescheinigung des Vorgesetzten. Bei Teilzeitarbeit ist eine Verlängerung der Weiterbildungszeit notwendig. Zeiten der Weiterbildung in einem anderen Fachgebiet können bis zu zweieinhalb Jahren anerkannt werden. Zeiten der Promotion in einer Weiterbildungsstätte können auf Antrag bis zu 50 Prozent (aber maximal bis zwei Jahre) angerechnet werden, sofern das Promotionsthema im Bereich des Weiterbildungsfaches liegt.
2.4. Nachweis eingehender Kenntnisse in den Teilgebieten des Weiterbildungskatalogs (Anlage 1)
2.5. Nachweis der Fähigkeit zur Beurteilung komplexer Sachverhalte auf dem Gebiet der forensischen Chemie durch Vorlage von zehn eigenständig verfassten und anonymisierten Gutachten pro Arbeitsbereich. Daraus müssen vertiefte Kenntnisse und Erfahrungen auf folgenden Gebieten erkennbar sein:
- Forensische Interpretation der Befunde bzw. Sachverhalte
- Probennahme und Probenaufbereitung unter besonderer Berücksichtigung der forensischen Spurenkunde
- Qualitative und quantitative Analysenverfahren nach dem Stand der Wissenschaft und Technik
- Einschlägige rechtliche Bestimmungen und Zuständigkeiten
2.6. Nachweis der Teilnahme an Gerichtsverfahren als Sachverständiger, soweit im jeweiligen Land üblich
2.7. Nachweis der erfolgreichen Teilnahme an entsprechenden Ringversuchen anerkannter Ringversuchsanbieter, an welchen der Antragsteller mitgearbeitet hat.
2.8. Nachweis der Fähigkeit zur Durchführung wissenschaftlicher, auch fallbezogener Arbeiten (inkl. Publikationen) bzw. Mitarbeit in Fachgremien auf dem Gebiet der Forensischen Chemie
2.9. Erfolgreiches Bestehen einer mündlichen Prüfung gemäß der Prüfungsordnung (Anlage 3) über alle Teilgebiete der Weiterbildungsmodule (Anlage 1)
2.10. Entrichtung der Bearbeitungsgebühr
3. Antragstellung
Der Antrag ist formlos an den Präsidenten der GTFCh zu richten. Die Einreichung sollte ausschließlich in Form einer Datei im pdf-Format erfolgen. Die Originale der eingereichten Dokumente müssen dem Antragsteller vorliegen und können bei Bedarf von der Anerkennungskommission angefordert werden. Folgende Unterlagen sind einzureichen:
3.1. Lebenslauf
3.2. Zeugnis über ein abgeschlossenes naturwissenschaftliches Hochschulstudium
3.3. Promotionsurkunde
3.4. Bescheinigung des Vorgesetzten über die mindestens fünfjährige praktische Tätigkeit. Bei Teilzeitarbeit ist darzulegen, wie sich die praktische Tätigkeit im Vergleich zu einer Vollzeitarbeit unterscheidet.
3.5. Bescheinigungen gemäß Anlage 1 der Weiterbildungsordnung
3.6. Aus dem Antrag muss hervorgehen für welchen Arbeitsbereich der forensischen Chemie der Fachtitel beantragt wird. Arbeitsbereiche können sein:
- Betäubungsmittel: Identifizierung, Quantifizierung und Materialvergleich
- Forensisch-chemische Untersuchung von Körperflüssigkeiten und anderen biologischen Materialien von lebenden Personen
- Forensisch-chemische Untersuchung von Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen
- Lacke, Farben, Anstrichstoffe und andere Polymere
- Zünd- und Sprengmittel sowie Explosivstoffe; Sprengstoffexplosionen
- Brände und Raumexplosionen, Brandbeschleunigungsmittel und Brandursachenerforschung
3.7. Mindestens zehn eigenständig verfasste und anonymisierte Gutachten (siehe 2.5.) für jeden beantragten Arbeitsbereich. Bei mehreren beantragten Arbeitsbereichen kann die Gesamtzahl der Gutachten durch den Vorsitzenden der Anerkennungskommission reduziert werden.
3.8. Nachweise über die Teilnahme an Gerichtsverfahren soweit im jeweiligen Land üblich
3.9. Eigenständige Publikationen bzw. Nachweise über die Mitarbeit in Fachgremien auf dem Gebiet der forensischen Chemie
3.10. Schriftliche Erklärung folgenden Inhalts: „Ich, ...., verpflichte mich, den Ehrenkodex der GTFCh einzuhalten und dem Vorstand der GTFCh einen Wechsel der Berufstätigkeit unverzüglich anzuzeigen, sofern das neue Betätigungsfeld nicht mehr im Bereich der forensischen Chemie liegt. Mir ist bekannt, dass bei Verlust der Voraussetzungen die Anerkennung als „Forensischer Chemiker GTFCh“ widerrufen werden kann, ebenso bei nicht ausreichender Fortbildung gemäß Fortbildungsordnung.“
4. Erteilung der Anerkennung
4.1. Das Verfahren über die Anerkennung als „Forensischer Chemiker GTFCh“ wird durch die Verfahrensordnung (Anlage 2) der Anerkennungskommission geregelt.
4.2. Nachdem die Anerkennungskommission den Antrag des Bewerbers entsprechend der geltenden Weiterbildungsordnung geprüft hat, teilt der Vorsitzende der Anerkennungskommission das Ergebnis dem Präsidenten der GTFCh mit. Der Vorstand entscheidet über die Zulassung zur Prüfung und damit über die grundsätzliche Erteilung der Anerkennung.
4.3. Sind Voraussetzungen nicht erfüllt, kann der Vorstand in begründeten Ausnahmefällen den Bewerber dennoch zur Prüfung zulassen.
4.4. Für die Prüfung wird eine Gebühr erhoben.
4.5. Nach Bestehen der Prüfung teilt der Vorsitzende der Anerkennungskommission dem Präsidenten der GTFCh das Resultat mit. Über die Anerkennung wird eine Urkunde mit den Unterschriften des Präsidenten der GTFCh und des Vorsitzenden der Anerkennungskommission ausgestellt. Der Fachtitel darf erst nach schriftlicher Mitteilung des Präsidenten geführt werden.
4.6. Wird der Bewerber nicht zur Prüfung zugelassen oder besteht diese nicht, kann er innerhalb von drei Monaten beim Präsidenten schriftlich Einspruch einlegen. Über die weitere Verfahrensweise entscheidet der Vorstand. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
4.7. Die Namen der Personen, die als „Forensischer Chemiker GTFCh“ anerkannt sind, werden auf der Homepage der GTFCh veröffentlicht.
5. Verpflichtung zur Fortbildung
Die Anerkennung als „Forensischer Chemiker GTFCh“ verpflichtet den Fachtitelträger zur Fortbildung auf seinem Fachgebiet der forensischen Chemie.
6. Widerruf der Anerkennung
Der Vorstand widerruft die Anerkennung, wenn sich herausstellt, dass die Voraussetzungen zur Erlangung des Fachtitels nicht mehr gegeben sind oder nie gegeben waren.
7. Übergangsbestimmungen
Verfahren, deren Eröffnung vor dem 01.05.2015 beantragt wurde, können auf Antrag noch nach der Weiterbildungsordnung vom 03.04.2009 durchgeführt werden.
8. Inkrafttreten der Weiterbildungsordnung
Die vorliegende Fassung ist am 12.03.2015 vom Vorstand verabschiedet und am 17.04.2015 von der Mitgliederversammlung bestätigt worden.
Grammatikalisch maskuline Bezeichnungen gelten im gesamten Text gleichermaßen für beide Geschlechter.